Liste der Stifterinnen und Stifter der griechischen Gemeinden zum Hl. Georg und zur Hl. Dreifaltigkeit in Wien (1769-1918)

Stefano Saracino/Nathalie Soursos/Maria A. Stassinopoulou

 

Die Liste der Stifterinnen und Stifter der griechischen Gemeinden zum Hl. Georg und zur Hl. Dreifaltigkeit in Wien basiert auf der Auswertung von Quellen, die im Rahmen des FWF-Projekts „Soziales Engagement in den Wiener griechischen Gemeinden (18.-20. Jh.)“ (AP2714021) zusammengetragen wurden. Die Stiftungen wurden zwischen 1769 und 1918 von Griechisch-Orthodoxen in Wien errichtet und von der Gemeinde zum Hl. Georg (gegründet 1723/1726 für osmanische Untertanen) und der Gemeinde zur Hl. Dreifaltigkeit (gegründet 1787 für habsburgische Untertanen) verwaltet. Die Auswertung der Quellen ermöglichten die Auflistung und historische Rekonstruktion der bei den griechischen Gemeinden in Wien (Hl. Georg, Hl. Dreifaltigkeit) angesiedelten Stiftungen. Hierunter fallen Testamente, Stiftbriefe, Schreiben mit Willensbekundungen von Testatoren sowie Korrespondenzen. Das Quel-lenmaterial ist das Resultat von Archivrecherchen, die zwischen November 2014 und August 2016 in folgenden Archiven durchgeführt wurden: Archiv der Gemeinde zum Hl. Georg (AHG), Archiv der Gemeinde zur Hl. Dreifaltigkeit (AHD), Wiener Stadt- und Landesarchiv (WStLA), Niederösterreichisches Landesarchiv (NÖLA), Österreichisches Staatsarchiv (ÖStA), Archiv der Metropolis von Ioannina (Αρχείο της Μητρόπολης Ιωαννίνων), Gesellschaft für Epirotische Studien (Εταιρεία Ηπειρωτικών Μελετών).

Die vorliegenden Stiftungen werden in Anlehnung an den in der jüngeren stiftungshistorischen Forschung entwickelten multidimensionalen Ansatz analysiert, demzufolge Stiftungen nicht eindimensional als Rechtsinstitutionen zu betrachten sind, sondern als Institutionen, die mit nahezu sämtlichen sozialen Teilsystemen verstrickt sind (etwa Wirtschaft, Gesellschaft, Recht, Religion, Politik, Kunst). In Anlehnung an diese offene und weite Konzeption von Stiftungen wird untersucht inwiefern Stiftungen für Strategien des ökonomischen Erfolgs, der sozialen Integration, der perpetuierten Memoria sowie der kulturellen und konfessionellen Identitätsbildung und -wahrung von Belang sind. Zudem werden Stiftungen als soziale Institutionen verstanden, in denen einerseits Stifter und andererseits Stif-tungsverwalter sowie Begünstigte in eine sozioökonomische Beziehung eintreten, andererseits die Verstorbenen mit den Lebenden interagieren. Laut Michael Borgolte ist zudem das spannungsvolle Verhältnis zwischen dem „Stifterwillen“ einerseits und der von den Stiftungsorganen geschaffenen „Stiftungswirklichkeit“ andererseits seit der Antike ein Grundcharakteristikum von Stiftungen (Borgolte 2000, 2012, 2016). In diesem Sinne werden in der vorliegenden Liste nicht nur selbstständige Stiftungen erfasst, deren Institutionalisierung durch Stiftbriefe behördlich genehmigt wurde, sondern auch solche, die bloß in Testamenten und anderen Schreiben mit letztwilligem Charakter dokumentiert sind, deren Realisierung beim jetzigen Stand der Forschung jedoch (noch) nicht nachweisbar ist. Ferner werden auch Legate aufgelistet. Es werden jedoch nur Stiftungen und Legate erfasst, die einen karitativen Zweck aufweisen, d. h. nicht-verwandte Bedürftige begünstigen sowie im weiteren Sinne die Wohlfahrt und Bildung fördernden Institutionen wie Kirchen, Krankenhäuser, Armeninstitute, Schulen und Universitäten. Stiftungen und Legate für Verwandte, Freunde, Dienstleute etc. bleiben hingegen vorerst unberücksichtigt.

Diese Aufstellung ist zudem als erste Bestandsaufnahme zu verstehen und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Hingegen laden wir die Nutzerinnen und Nutzer dieser Liste ein, uns ihre Ergänzungen und Kommentare mitzuteilen, die wir in der entstehenden Datenbank, die am Ende des Projektes Oktober 2017 veröffentlicht wird, integrieren werden können.

 

Erläuterung der Spalten

Die Liste ist in folgende Spalten unterteilt: Name, Datum, Zweck, Quellen, Anlage, Stiftungsorgan.

Name

Die Namen der Stifterinnen und Stifter bzw. der Testatorinnen und Testatoren, die in der vorliegenden Liste enthalten sind, begegnen in den Quellen in den meisten Fällen sowohl in deutscher als auch in griechischer Schreibweise (sehr selten in anderen Sprachen). Die Angabe der Namen orientiert sich im Folgenden primär an der Schreibweise in den Quellen und nur nachrangig an späteren Anpassungen der Sekundärliteratur in verschiedenen Sprachen. Weitere Varianten der Namensform werden in einer getrennten Namensliste aufgenommen. Es wird, soweit vorhanden, sowohl die deutsche als auch die griechische Schreibweise angegeben. Der Ge-burtsname bei weiblichen Personen wird, insofern dieser bekannt ist, in runden Klammern im Anschluss an den Namen angegeben. Bei adeligen Stifterinnen und Stiftern wird zur Vereinfachung der Lesbarkeit das Adelsprädikat nur als Präposition („von“) aufgenommen, hingegen längere Adelstitel (z.B. „Edler von“, „Freiherr von“, „Ritter“ etc.) weggelassen. 

Datum

Als Datum wurde soweit möglich das Todesdatum (gekennzeichnet mit †) der Stifterin oder des Stifters gewählt. Quellen hierfür sind die Matrikenbücher der Gemeinde zum Hl. Georg und der Gemeinde zur Hl. Dreifaltigkeit, das Gräberbuch des Friedhofs St. Marx, die österreichische Presse sowie die Sekundärliteratur. Sollte dieses nicht bekannt sein, wird entweder das Datum der Testamentseröffnung oder des Stiftbriefs angegeben, schließlich in Fällen, wo lediglich aus Korrespondenzen Informationen zu Stiftungen und Legaten erhalten sind, das Datum des Schriftverkehrs (jeweils gekennzeichnet mit eckigen Klammern [ ]).

Zweck

Diese Spalte bezeichnet den Zweck der Stiftungen oder Legate. In zahlreichen Fällen ordnete ein Stifter mehrere Stiftungen an, die in getrennten Feldern verzeichnet sind. Ferner werden Legate für wohltätige Zwecke in einem gesonderten Feld verzeichnet. Die in dieser Spalte angegebenen Toponyme werden in der Form angegeben, wie sie in den Quellen begegnet, sowie in der Form der heutigen territorialen Zugehörigkeit. 

Quellen

In dieser Spalte werden die Archivquellen verzeichnet, die über die Stiftungen bzw. die karitativen Legate Auskunft geben. Zum Teil, und soweit vorhanden, wurden auch gedruckte Quellen (z. B. gedruckte Testamente) berück-sichtigt.

Anlage

Es wird angegeben, welche Vermögensanlage für das Stiftungskapital gewählt wurde. Hier sind Stiftungskapitalien verzeichnet, deren Institutionalisierung in Stiftbriefen oder behördlichen Korrespondenzen gesichert ist. Die Angaben zu den Kapitalien, die für Stiftungen oder karitative Legate lediglich in den Testamenten und Willenserklärungen von Stiftern gemacht wurden, wurden hingegen in dieser Spalte nicht berücksichtigt.

Größe und Wert des Stiftungskapitals werden in den Quellen zumeist in den verschiedenen in der Habsburger Monarchie verwendeten Währungen (Pammer 2002, 281f.) angegeben:

Gulden

 

1510–1892

 

Gulden Wiener Währung

(fl. W.W.)

 

1811–1857

Der Gulden Wiener Währung wurde durch das Finanzpatent von 1811 zur Sanierung des stark inflationären Währungswesens eingeführt. Ab 1820 wurden 100 Gulden Conventions-münze in 250 Gulden Wiener Wäh-rung umgerechnet.

 

Gulden Zwanziger

(fl. Zwanziger)

 

 

1 Gulden Conventionsmünze wurde in 3 Gulden Zwanziger (Zwanzigkreuzer-Stücke) umgerechnet.

Gulden österreichischer Währung (fl. ö. W.)

 

1858–1900

Ersetzte ab 1858 den Gulden Conventionsmünze, wobei das Um-rechnungsverhältnis von 100 Gulden Conventionsmünze 105 Gulden Öster-reichischer Währung betrug.

 

Kronen (K.)

 

1892–1924

Mit Einführung der Krone im Jahre 1892 wurde 1 Gulden Österreichi-scher Währung in 2 Kronen umge-tauscht.

 

 

Auch Stiftungskapitalien in Währungseinheiten, die im Osmanischen Reich gebräuchlich waren (Kuruş, Piaster, Groschen/γρόσια), sind in der Liste angeführt, ebenso wie Angaben in der Währung, die 1831 in Griechenland eingeführt wurde (griechische Drachme, ελληνική δραχμή) und den nur kurze Zeit gültigen Phönix ablöste (1827-1831).

Die in den Quellen angegebenen habsburgischen ebenso wie die osmanischen Währungseinheiten durchliefen im untersuchten Zeitraum (1769–1918) erhebliche Veränderungen, nicht zuletzt als Folge der Geldwertentwicklung. Veränderungen unterworfen war aber auch der Wechselkurs zwischen den Währungen des Osma-nischen und des Habsburger Reiches (Liata 1996, 237), was den Wertstand der Stif-tungskapitale stark beeinträchtigte, die in Wien bzw. in den Habsburgischen Territorien angelegt waren, deren Zinseinkünfte jedoch ins Osmanische Reich bzw. ins Königreich Griechenland geschickt wurden.

Stiftungsorgan

Hier werden die als Stiftungsorgan operierenden Personen/ Institutionen erfasst, wie sie in den Testamenten und Willenserklärungen von Stifterinnen und Stiftern definiert wurden bzw. wie sie in Stiftbriefen oder in den behördlichen Korrespondenzen in Erscheinung treten.

 

Literatur

Borgolte 2000: Borgolte, Michael (Hrsg.): Stiftungen und Stiftungswirklichkeit. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart (Stiftungsgeschichten 1), Berlin 2000.

Borgolte 2012: Borgolte, Michael: Stiftung und Memoria (Stiftungsgeschichten 10), hrsg. v. Tillmann Lohse, Berlin 2012.

Borgolte 2016: Borgolte, Michael: Fünftausend Jahre Stiftungen. Eine Typologie von Mesopotamien bis zu den USA, in: Historische Zeitschrift, 301 (2016), 593-626.

Liata 1996: Λιάτα, Ευτυχία: Φλωρία δεκατέσσερα στένουν γρόσια σαράντα. Η κυκλοφορία των νομισμάτων στον Βενετοκρατούμενο και Τουρκοκρατούμενο Ελληνικό χώρο, 15ος – 19ος αιώνας (Κέντρο Νεοελλ. Ερευνών, Εθνικού Ιδρύματος Ερευνών 58), Αthen 1996.

Pammer 2002: Pammer, Michael: Entwicklung und Ungleichheit. Österreich im 19. Jahrhundert (Vierteiljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Beiheft 161), Stuttgart 2002.